Es geht um die Rechtsunsicherheit bezüglich der sogenannten Scheinselbständigkeit sowie der arbeitnehmerähnlichen Selbständigkeit. Es existiert ein offener Brief an den Bundesarbeitsminister für Arbeit. Der VGSD (Verband der Gründer und Selbständigen in Deutschland – https://www.vgsd.de) berichtet davon auf seiner Homepage.

Zugegeben, ich bin etwas langsam. Der Brief existiert schon länger, seit über einem Jahr. Doch seither hat sich nichts Neues ergeben. Dabei handelt es sich um ein absolut dringliches Problem.

Im Bestreben, die leeren Rentenkassen zu füllen, sucht sich die Deutsche Rentenversicherung gerne Selbständige in der IT aus, um sie mit teilweise an den Haaren herbeigezogenen Begründungen als scheinselbständig hinzustellen.

Mich stört schon der Begriff „scheinselbständig“. Hier hat die Regierung eine Vokabel etabliert, die Einzelunternehmer generell diskriminieren kann. Diese sogenannten Scheinselbständigen haben meistens ein Gewerbe angemeldet und sind grundsätzlich beim Finanzamt registriert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Soloselbständiger einen solchen Prozess nur zum Schein durchführt.

Der Aufwand dafür ist einfach zu hoch. Was die Regierung meint, sind die Menschen, die aus regulären Arbeitsverhältnissen gekündigt werden, um danach als Selbständige ausgebeutet werden zu können. Diese Menschen sollen vor „Lohndumping“ geschützt werden. Denn bei selbständigen Fleischern oder Bauarbeitern ist es üblich, Stundensätze unterhalb der Mindestlohngrenze zu zahlen.

Doch bei denen ist nicht so viel an Rentennachzahlung zu holen. Aus dem eben genannten Grund fallen dort eben keine hohen Beitragszahlungen an. Auf einer der vom VGSD veranstalteten Telefonkonferenzen hat ein Insider gesagt, dass es bei der DRV eine interne „Hitliste“ der zu prüfenden Unternehmen besteht.

Deutschland will abhängig Beschäftigte. Eigenverantwortliche Solounternehmer werden gegängelt. Die Ich-AG ist tot. Wann kommt eine vernünftige Lösung? Klick um zu Tweeten

Hier der Link zum VGSD-Artikel Ergebnisse der Experten-Telko: „Scheinselbstständigkeit aus den Augen eines Prüfers der Deutschen Rentenversicherung“

Leider kann die Aufzeichnung nur von Mitgliedern des VGSD angezeigt werden. Aber Mitglied zu werden lohnt sich allemal.

Auf der Hitliste der DRV stehen angeblich selbständige Wissensarbeiter in der IT an oberster Stelle. Verwunderlich?

Zurück zum Thema. Dieser Brief, den 15 namhafte Unternehmen an das Arbeitsministerium geschrieben haben, ist immer noch aktuell. Es gibt momentan offensichtlich weiterhin kein Konzept seitens des Ministeriums.

Diese bestehende Rechtsunsicherheit hat Auswirkungen. Vodafone beispielsweise arbeitet nicht mehr selbständigen IT-lern zusammen:

https://www.vgsd.de/vodafone-verbietet-einsatz-von-freelancern-nachdem-sich-ceo-ein-jahr-lang-fuer-mehr-rechtssicherheit-eingesetzt-hatte/

Der VGSD hat daher eine Aktion gestartet:

https://www.vgsd.de/wir-kuendigen-unsere-vodafone-vertraege-reaktion-auf-freelancer-verbot-des-mobilfunkanbieters/

Digitalisierung wird verwirklicht, auch ohne Deutschland Klick um zu Tweeten

In ihrem offenen Brief schreiben die Unternehmensvorstände beispielsweise, dass sie keine Unternehmensbereiche ins Ausland verlagern möchten. Doch sie tun es, weil im Ausland bessere Bedingungen herrschen.

Es erscheint mir fragwürdig, wenn eine Regierung eine Gesetzeslage herstellt, die dazu führt, dass Selbständige als Rentenbetrüger dargestellt werden. Die moderne Arbeitswelt ist nicht mehr vergleichbar mit der Situation, die der momentanen Art der Rentenversicherung zugrunde liegt.

Das Unvermögen, die Rentenversicherung zu modernisieren, führt zu einer Rechtslage, die ein ganzes Land die Zukunft kosten kann. Darauf wird in dem Brief hingewiesen. Er war bereits Mitte 2018 (Zitat) „sichtbar, dass die Digitalisierungsexperten ins Ausland abwandern und ihr Spezialwissen dort anbieten, um die in Deutschland bestehenden Erschwernisse zu vermeiden.“

Der Artikel gehört zu meiner Sammlung „Scheinselbständigkeit“. Auf jeden Fall lesenswert. Für VGSD-Mitglieder ist dazu noch eine Menge Quellenmaterial verfügbar.

Hier geht’s zum Artikel:

https://www.vgsd.de/diesen-brief-schrieben-vorstaende-von-15-grossen-deutschen-unternehmen-an-arbeitsminister-heil/

Es gäbe zu diesem Thema noch viel mehr zu sagen. Beispielsweise, dass die Rechtsunsicherheit dazu führt, dass IT-Experten über Zeitarbeit eingesetzt werden. Das ist die schlechteste Alternative für alle Beteiligten.

Die Unternehmen bemängeln in diesem Fall das mangelnde Engagement der als Zeitarbeiter engagierten IT-Experten. Ist ja klar. Wer will schon die gleiche Leistung für die Hälfte der Vergütung erbringen. Da ist Dienst nach Vorschrift angesagt.

Aber das reicht nicht für die digitale Transformation. Hier ist Mitdenken gefragt. Aber vor allem sollten die Angestellten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales anfangen umzudenken. Die bestehenden Probleme werden kaum mit den althergebrachten Denkweisen gelöst werden können.